Ortsgeschichte

1.  Zur Zeit der Donaumonarchie

Unsere Vorfahren kamen im 18. Jahrhundert, überwiegend im Zeitraum 1765 bis 1790, als Kolonisten ins Banat, das heute teils zu Serbien und teils zu Rumänien gehört. Sie kamen vornehmlich aus den deutsch sprechenden linksrheinischen Regionen (von Luxemburg bis hinunter nach Lothringen), aber auch beispielsweise aus dem Sauerland, Franken oder Baden. Ein Teil der Kolonisten gründete 1766 den Ort Hatzfeld (heute: Jimbolia in Rumänien).

Im Jahr 1828 gründete der Hatzfelder Großgrundbesitzer Graf Csekonics die deutsche Gemeinde Csösztelek – westlich der ursprünglichen Ortschaft Csösztelek, die 1792 für ungarische Kleinbauern angelegt worden war. Die Ansiedler kamen größtenteils aus Hatzfeld und aus Deutsch-Zerne.

Im Laufe der Zeit wurden in Sprache bzw. Schrifttum verschiedene Varianten des Ortsnamens verwendet. Die erste „Verdeutschung“ findet sich auf einem Lageplan von 1829 mit   Tschestelek“  . Hundert Jahre später, als das westliche Banat als Ergebnis des Ersten Weltkriegs ein Teil des neuen Staats Jugoslawien geworden war, verwendet Pfarrer Wilhelm Schäfer als Konzession an die neuen Machthaber eine „Verdeutschung“ des neuen offiziellen Ortsnamens Cestereg – in seinem Buch „Geschichte und Leben der 100jährigen Gemeinde Tschestereg  . Im mündlichen Gebrauch hieß der Ort bei seinen Bewohnern hingegen stets „Schesterlek“ oder „Tschesterlek“ . Da die jugoslawische Zeit  in der 117jährigen Geschichte des von Deutschen bewohnten Ortes nur eine relativ kurze Episode war, die mit dem Rauswurf der Deutschen endete, ist es für die Deutschen meines Erachtens eigentlich angemessener, die in der Alltagssprache gebrauchten Formen Tschesterlek“ bzw. „Schesterlek“  anstatt „Tschestereg“ zu verwenden. (Bis 1859 wurde in der Gemeindeverwaltung auch die Ortsbezeichnung „Neuhatzfeld“ verwendet; dieser Name konnte sich aber nicht durchsetzen.)

Nach dem „Ausgleich“ von 1867 beginnt im Banat die Magyarisierung. Ungarisch wird die Amtssprache und ab 1907 alleinige Unterrichtssprache in den Schulen.

Immer wieder führen Epidemien zu einer Vielzahl von Toten in Tschestereg. Die Cholera fordert bei mehreren Epidemien zwischen 1831 und 1873 insgesamt über 300 Tote, und mehr als hundert Kinder sterben durch die Pocken (1871), Diphterie (1892) und Fraisen (1892).

1882 wird die Kirche fertiggestellt (dem Heiligen Johannes von Nepomuk geweiht). Bis dahin gab es nur ein Bethaus. 1898/99 wird die Schmalspur-Eisenbahnverbindung Groß-Betschkerek-Hatzfeld in Betrieb genommen – mit einer Bahnstation in Tschestereg.

Ab 1901 wandern einzelne Tschestereger nach Nordamerika aus. (Passagierlisten der Auswandererschiffe siehe: http://freepages.genealogy.rootsweb.ancestry.com/~banatdata/DDB/ByVillage/Tschestereg.htm )

Von 1914 bis 1918 währt der Erste Weltkrieg. In den Kämpfen fallen auch 84 Tschestereger.

2.  Im neu gegründeten jugoslawischen Staat

1920 wird das westliche Banat im Friedensvertrag von Trianon an das neue „Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen“ (SHS) angegliedert. Der Ortsname wird nun offiziell „Cestereg“ geschrieben. Nach dem Ersten Weltkrieg kommt es zu einer erneuten Auswanderungswelle nach Amerika.

1929 wird eine Königsdiktatur errichtet, mit dem Landesnamen „Königreich Jugoslawien“. Parlament und Parteien werden aufgelöst. 1934 wird König Alexander ermordet.

1941 greift Deutschland Jugoslawien an, und Jugoslawien kapituliert nach kurzer Zeit. Das Banat kommt unter deutsche Besatzung. Die jugoslawischen Partisanen beginnen ihre Überfälle auf deutsche Siedlungen. 1942 werden die wehrfähigen Banater zwischen 17 und 50 Jahren zur deutschen Armee eingezogen.

3.  Entrechtung und Vertreibung der Deutschen durch die Tito-Partisanen

1944. Es erfolgt kein Aufruf zur Evakuierung der deutschen Bevölkerung. Im Gegenteil – die deutschen Besatzer verbieten sogar die Evakuierung. Auf eigene Faust nach Norden zu fliehen und ihren Besitz zurückzulassen, dazu kann sich keiner der Dorfbewohner entschließen. „Wir bleiben!“ Wer kann aber auch ahnen, wie teuer dieser Entschluss sie zu stehen kommen wird. Anfang Oktober besetzen die Partisanen und für ein paar Tage russische Soldaten Tschestereg, beginnen ihre Willkür-Herrschaft und ihre Raub- und Plünderzüge. Im „Blutigen Herbst 1944“ werden in einer zentral gesteuerten Aktion landesweit Tausende ausgewählte Donauschwaben (vorwiegend politisch oder kulturell oder im Heimatschutz tätig gewesene Menschen) festgenommen und größtenteils in speziellen Lagern (Groß-Betschkerek und Zerne) gefoltert und dann erschossen oder erschlagen. Von den Tschesteregern werden im Rahmen dieser Aktion 78 Menschen ermordet. 62 von ihnen werden erschossen (57 Männer und 5 Frauen),  und 16 erschlagen (6 Männer und 10 Frauen).

Am 21.11. übernehmen Tito und seine Kommunisten im Banat offiziell die Macht. Sie beschließen mit den AVNOJ-Beschlüssen, dass Personen deutscher Abstammung die Staatsbürgerschaft entzogen wird, dass sie ihre Bürgerrechte verlieren, und ihnen ihr Besitz enteignet wird.

Ende Dezember werden etwa einhundert arbeitsfähige Dorfbewohner zwischen 18 und 40 Jahren, zum größten Teil Frauen, in sowjetische Zwangsarbeitslager deportiert. Die meisten werden unter Tage in Bergwerken eingesetzt. Manche von ihnen kommen dort um oder werden als Invaliden nach Deutschland entlassen. Alle anderen werden nach fünfjähriger Zwangsarbeit Ende 1949 nach Deutschland bzw. Österreich entlassen.

Am 18.4.1945 müssen alle deutschen Einwohner ihre Häuser verlassen. Aus ihrem Besitz dürfen sie nicht mehr behalten als die Kleidungsgarnitur, die sie gerade anhaben. Über das Dorf verteilt, haben die Partisanen Kontrollstellen eingerichtet (zum Beispiel beim Focht Bela), wo die Deutschen sich melden müssen. Dort werden ihnen Schmuck und andere Wertgegenstände abgenommen. Damit auch ja alle Wertsachen gefunden werden, müssen sie sich ausziehen und werden zum Teil auf intensivste Weise kontrolliert. Junge Deutsche werden nun beauftragt, die Häuser der Deutschen leerzuräumen – beginnend mit den Häusern des Viertels IV. Die leeren Häuser dieses Viertels dienen als Sammelunterkünfte (von den Deutschen „Lager“ genannt), wo jeweils etwa zwanzig oder mehr Personen, auf engstem Raum zusammengepfercht, ihre Schlafstelle haben. Sie müssen auf dem Fußboden schlafen, der mit ein wenig Stroh bedeckt ist. Wer im arbeitsfähigen Alter ist, muss Zwangsarbeit verrichten. Das aus den Häusern der Deutschen geräumte Inventar wird in sogenannte „Magazine“ gebracht, das sind leergeräumte Wohnhäuser, die nun als Lagerhäuser dienen.  Als Mitte September die ersten jugoslawischen Neukolonisten aus Bosnien, Montenegro und Kroatien eintreffen, erhalten sie die leergeräumten Häuser der Deutschen und je nach Größe der Familie den benötigten Bedarf an Hausrat, Kleidung usw. aus den Magazinen.

Am 3. Oktober 1945 werden die meisten der in Tschestereg internierten Dorfbewohner in Viehwaggons zu Arbeits- oder Internierungslagern abtransportiert. Die Alten und die Kinder werden ins Lager Rudolfsgnad gebracht, wo – insbesondere im ersten Winter – infolge Nahrungsmangels und unbehandelter Krankheiten ein großer Teil von ihnen den Tod findet.

Die katholische Dorfkirche wird von den Partisanen abgerissen. Aber die Kirchenbücher werden rechtzeitig vom Pfarrer von Torda in Sicherheit gebracht.

Es sind einige Briefe erhalten geblieben, die einen Eindruck davon vermitteln, wie es den Menschen in den Jahren 1944 bis 1948 erging. Näheres in der Rubrik „Historische Dokumente“.

Nach ihrer Entlassung aus den Lagern werden die arbeitsfähigen Deutschen Ende 1947/Anfang 1948 Bergwerken, Industriebetrieben oder Staatsgütern zu mehrjähriger Zwangsarbeit zugewiesen.

Erst in den 1950er Jahren, nachdem sie sich durch erhebliche Geldzahlungen (die Gebühr entspricht mehreren Monatslöhnen) von der jugoslawischen Staatsbürgerschaft losgekauft haben, können die deutschen Tschestereger auswandern. Größtenteils nach Deutschland, aber auch nach Österreich und in andere Länder (bis nach Übersee).

(Große Teile des Textes sind der Ortsgeschichte im Vorspann des Familienbuchs Tschestereg im Banat von Roswitha Egert entnommen. Wir danken für das Einverständnis zur Verwendung.)